Von CAROLIN POSTEL, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Partnerin
Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass sich ein Arbeitgeber im Prozess auf Zustimmung zur Elternteilzeit gegenüber dem Elternteilzeit verlangenden Arbeitnehmer nur auf solche Ablehnungsgründe gegen dessen Elternteilzeitantrag berufen kann, „die er in einem form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben genannt hat“ (sog. „Präklusionswirkung“ der im Ablehnungsschreiben gegen einen Elternteilzeitantrag nicht genannten Gründe).
BAG, Urteil vom 11.12.2018, 9 AZR 298/18
Der Fall:
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit während ihrer Elternzeit (Elternteilzeit).
Die Klägerin, eine Arbeitnehmerin, beantragte eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden, verteilt von Montag bis Donnerstag jeweils von 9:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Der beklagte Arbeitgeber lehnte den Antrag zunächst schriftlich ohne nähere Begründung ab. Mit weiterem Schreiben begründete der Arbeitgeber seine Ablehnung damit, dass der Arbeitsplatz für die Dauer der Elternzeit durch einen anderen Mitarbeiter besetzt worden sei und darüber hinaus kein Beschäftigungsbedarf bestehe. Beide Ablehnungsschreiben sind der Arbeitnehmerin fristgemäß (binnen vier Wochen ab Antragstellung) zugegangen. Nachdem eine Kollegin aus der Abteilung der Klägerin ihr Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, beantragte die Klägerin erneut eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden und deren Verteilung auf die Wochentage Montag bis Donnerstag jeweils von 9:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Auch diesen Antrag lehnte die Beklagte ab. In dem Ablehnungsschreiben unterbreitete sie der Klägerin aber ein Angebot über eine geringer vergütete Teilzeitbeschäftigung in einem anderen Bereich, das diese ablehnte.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten, ihrem Antrag auf Elternteilzeit zuzustimmen. Erst im Rahmen des Prozesses hat der beklagte Arbeitgeber gegen die Klage erstmals das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe eingewandt, die dem Teilzeitbegehren der Klägerin entgegenstünden. Er habe entschieden, die Stelle der Klägerin während ihrer Elternzeit nicht neu zu besetzen sowie deren Aufgaben teilweise auf andere, damit nicht überobligatorisch belastete Mitarbeiter einer anderen Abteilung zu übertragen und teilweise an externe Dienstleister zu vergeben. Durch näher bezeichnete Veränderungsprozesse seien einige Aufgaben der Klägerin gänzlich entfallen.
Die Entscheidung des BAG:
Das BAG hat dem Teilzeitbegehren der Klägerin stattgegeben.
Nach Auffassung des BAG standen die erstmals im Prozess mitgeteilten und näher begründeten Ablehnungsgründe dem Elternteilzeitantrag der Klägerin nicht entgegen. Denn mit diesen Gründen war der Beklagte im Prozess präkludiert. Vielmehr dürfe sich der Arbeitgeber „im Prozess nur auf solche Ablehnungsgründe stützen, die er in einem form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben genannt habe.“ Die Ablehnung des Elternteilzeitantrags des Arbeitnehmers müsse unter Einhaltung der Schriftform des § 126 Absatz 1 BGB (Unterzeichnung durch eigenhändige Namensunterschrift) erfolgen. In seinem Ablehnungsschreiben habe der Arbeitgeber den wesentlichen Kern der betrieblichen Hinderungsgründe zu benennen. Er müsse die Tatsachen mitteilen, die für die Ablehnung maßgeblich seien. Die Ablehnungsgründe müssen dem betreffenden Arbeitnehmer auch fristgemäß, d.h. innerhalb der Vier-Wochen-Frist ab Zugang des Elternteilzeitantrag beim Arbeitgeber, mitgeteilt werden. Anderenfalls kann der Arbeitgeber diese im Prozess dem Elternteilzeitverlangen nicht mehr entgegenhalten, sog. Präklusionswirkung.
Beraterhinweis:
Die Entscheidung des BAG bezieht sich zwar auf die alte Fassung des BEEG, weil sie ein Kind betrifft, das vor dem 1. Juli 2015 geboren wurde. Sie dürfte aber auch für zukünftige Ablehnungen von Teilzeitbegehren während der Elternzeit maßgeblich sein. Denn die vom BAG zentral zur Begründung der Präklusionswirkung herangezogene Vorschrift des § 15 Absatz 7 Satz 4 BEEG a.F. ist in der Neufassung unverändert übernommen worden.
Arbeitgeber sollten daher auch zukünftig, sämtliche einem Teilzeitverlangen während der Elternzeit entgegenstehende Gründe dem betreffenden Antragsteller schriftlich innerhalb der einschlägigen Frist von 4 Wochen (für Teilzeitverlangen nach der Geburt bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes) bzw. 8 Wochen (für Teilzeitverlangen ab dem dritten Lebensjahr bis Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes) mitteilen. Ansonsten laufen sie Gefahr, dass der betreffende Mitarbeiter das Teilzeitbegehren durchsetzt oder den Arbeitgeber direkt auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Selbst wenn die Elternzeit bereits beendet ist, steht dem betreffenden Arbeitnehmer auch noch rückwirkend ein Rechtsschutzinteresse an der Erteilung der Zustimmung zu. Insofern schafft die Entscheidung des BAG ein gutes Stück Klarheit.
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Partnerin
E-Mail: postel@vahlekuehnelbecker.de
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