Von DR. OLIVER VAHLE, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer aktuellen Entscheidung konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen sich ein Arbeitgeber zur sachlichen Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrags auf eine Tätigkeit in einem zeitlich begrenzten Projekt nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG berufen kann.
BAG, Urteil vom 23.1.2019, 7 AZR 212/17
Der Fall:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jüngst (BAG, Urteil vom 23.1.2019, 7 AZR 212/17) über die Zulässigkeit einer Befristung aufgrund eines Projekteinsatzes entschieden. Die Ausführungen des BAG bringen etwas mehr Klarheit im Hinblick auf die mitunter schwierig zu beantwortende Frage, wann der Sachgrund des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG angenommen werden kann.
Im der Entscheidung ging es um die Befristung eines Mitarbeiters im Rahmen von acht archäologischen Ausgrabungsprojekten für insgesamt 29 Monate, welchen jeweils acht befristete Arbeitsverträgen zugrunde lagen. Der letzte befristete Arbeitsvertrag, welchen das BAG allein zu prüfen hatte, erfolgte für ein auf acht Monate begrenztes Ausgrabungsprojekt, auf welchem der Kläger als technischer Grabungsleiter in Teilzeit mit 50 % eingesetzt worden ist. Das Projekt endete - wir vorgesehen - nach acht Monaten. Der Kläger hielt die zuletzt vereinbarte Befristung für unwirksam, da er sie nicht durch einen Sachgrund für gerechtfertigt erachtete. Das beklagte Land hat die Ansicht vertreten, die Befristung sei insbesondere nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt, da es sich bei den archäologische Rettungsgrabungen nicht um eine Daueraufgabe, sondern um ein zeitlich begrenztes Projekt gehandelt hätte. Die Rettungsgrabungen würden immer nur dann durchgeführt, wenn entsprechende Bauvorhaben des beklagten Landes dies zum Schutz von Kulturdenkmälern erforderlich machten.
Die Entscheidung:
Das BAG hat in der Sache selbst nicht entschieden, sondern die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an das LAG zurückverwiesen. Gleichwohl hat das BAG in der Entscheidung noch einmal konkretisiert, wann der Sachgrund des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG anzunehmen ist. Ein solcher kann danach sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers entstehen als auch durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht, oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringern wird. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses muss zudem stets die Prognose gerechtfertigt sein, dass mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers in dem Betrieb kein dauerhafter Bedarf mehr besteht. Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Befristung hingegen nicht, da eine solche Unsicherheit zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers gehört, welche dieser nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf.
Im Hinblick auf die Abgrenzung einer Daueraufgabe von einer vorübergehenden Projektaufgabe stellt das BAG entscheidend darauf ab, ob die Tätigkeiten im Rahmen des Betriebszwecks ihrer Art nach im Wesentlichen unverändert und kontinuierlich anfallen und einen planbaren Beschäftigungsbedarf verursachen (dann handelt es sich um Daueraufgaben) oder ob sie entweder nur unregelmäßig - zB nur aus besonderem Anlass - ausgeführt werden oder mit unvorhersehbaren besonderen Anforderungen in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals verbunden sind und deshalb keinen vorhersehbaren Personalbedarf sowohl in quantitativer Hinsicht als auch in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals verursachen (dann liegen Zusatzaufgaben vor).
Beraterhinweis:
Die Entscheidung gibt ein nützliches Werkzeug zur Bestimmung des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung an die Hand. Allein die Tatsache, dass ein Arbeitgeber häufig projektbezogene Bedarfe hat, macht diese nicht zu einer Daueraufgabe. Eine solche ist erst anzunehmen, wenn diese Projekte ständig und im Wesentlichen unverändert anfallen oder der Arbeitgeber zu deren Durchführung verpflichtet ist. Nur dann nämlich kann der Arbeitgeber einen im Wesentlichen unveränderten Personalbedarf prognostizieren und einschätzen, welche es ihm verwehren, den entsprechenden Arbeitsanfall unter Berufung auf den Sachgrund der Projektbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG mit befristet beschäftigten Arbeitnehmern zu bewältigen.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner
E-Mail: vahle@vahlekuehnelbecker.de
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